Maltes Welt

Herzlich willkommen zu meinem Blog „Maltes Welt“. Hier werde ich in den kommenden Wochen meine persönliche Sichtweise, in verschiedenen Beiträgen, zum Thema Frieden und (Friedens-) Bewegung veröffentlichen, und dabei auch kritische Punkte nicht auslassen. Ihr seid herzlich dazu eingeladen mitzudiskutieren und eure Gedanken einzubringen.

Danke für euer Interesse und auf eine gute Zeit!

Kapitel 4 – Lügenpresse und Aluhüte

 

In den vorangegangenen Kapiteln habe ich beschrieben, warum wir einige Verhaltensweisen innehaben, die nicht immer böswillig sind, sondern deren Ursachen und Funktionen sich in unserer Evolution als sinnvoll herausgestellt haben.

In diesem Kapitel möchte ich aus dem Unterbewussten ins Bewusste kommen. Was für Fehler machen wir, die uns daran hindern, aus den Verhaltensmustern auszubrechen, auch wenn es uns oder unserer Gesellschaft guttun würde.

Mit einem klaren Feindbild lebt es sich einfacher

Gerade letztes Wochenende war ich auf einer Veranstaltung zum Thema Demokratie. Es war ein Marktplatz unter freiem Himmel, wo Vereine, Institutionen und politische Parteien ihre Stände hatten.

Wie so oft in der letzten Zeit standen hinter einer Absperrung eine Handvoll junger Menschen bei einer Gegenveranstaltung.

Im Prinzip eine Situation, wie wir sie schon seit Jahren kennen und kein Grund mehr für eine emotionale Reaktion. Was mich daran allerdings immer wieder traurig macht, ist die zunehmende Hilflosigkeit, hier zumindest einen Dialog starten zu können. Selbst wenn wir uns am Ende einig sind, dass wir uns nicht einig sind, haben wir zumindest dem anderen zugehört und vielleicht neue Denkanstöße bekommen.

Ich habe in den Jahren meines Aktivismus immer wieder bewusst den Kontakt zu den Gegendemonstranten aufgenommen. Nicht nur, um die eigenen Beweggründe zu erklären, sondern auch, um die Motivation meines Gegenübers zu verstehen. Meistens habe ich zumindest einen Menschen für einen Austausch gefunden. Auffällig war allerdings immer, dass die überwiegende Anzahl der Gegendemonstranten*Innen kein Interesse an einem konstruktiven Gespräch hatten.

Bei den Reden der Gegenveranstaltung am vergangenen Wochenende ist mir aufgefallen, dass jeder Name, jede Organisation und jeder Mensch immer mit mindestens einem oder auch mehreren diffamierenden Adjektiven belegt wurde. So hieß es zum Beispiel: „die rechtsradikale Gruppe“, „der antisemitische Redner“ und „die verschwörungsidiologische Sprecherin“.

Es wurden also bewusst und böswillig für jeden unbedarften Zuhörer die jeweiligen Schubladen geöffnet, damit die verhassten gegnerischen Meinungen so gut wie möglich bzw. so negativ wie möglich einsortiert werden. Oder wie es der kompetente Friedensforscher Daniele Ganser bezeichnet: „Framing“.
(Wer hat das Adjektiv bemerkt?)

Das große Problem bei diesen Parolen ist allerdings, dass sie keine Möglichkeit zur Diskussion mehr zulassen. Sobald ich von den öffentlich-rechtlichen Medien als Lügenpresse spreche, ist die Diskussion vorbei. Egal, was aus dieser Richtung kommt, es ist eine Lüge und muss deswegen nicht beachtet werden.

Wenn Kritiker zu Reichsbürgern werden, wenn Presse zur Lügenpresse wird und wenn jegliche Kritik am System mit Antisemitismus gleichgesetzt wird, dann wird durch diese Totschlagbegriffe die Möglichkeit für eine inhaltliche Auseinandersetzung zerstört.

Der Vorwurf ist hier natürlich vor allem den Leitmedien zu machen, da sie mit ihrer Macht die Debatte und die Stimmung im Land vorgeben.

Die Kritik richtet sich aber auch an die Aktivisten, die sich auf dieses Niveau herablassen und Gleiches mit Gleichem bekämpfen.

Wenn wir unser Gegenüber als unwürdig betrachten, können wir nicht mehr diskutieren. Nichts, was mein Gegenüber sagt, kann mehr ernst genommen werden.

Das ist natürlich gut für die Gruppe, denn damit wird die eigene Überzeugung gestärkt und nichts hält so gut zusammen wie ein gemeinsames Feindbild. Es ist sogar gut für den Einzelnen, denn wenn ich genau weiß, dass ich recht habe und alle Gegner nur Schlafschafe, Querdenker, bezahlte V-Leute, Schwurbler oder Lügenpresse sind, dann erspare ich mir, meine eigenen Ansichten infrage zu stellen.

Ich glaube nicht, dass dies der richtige Weg ist.

Wir sollten immer die meiste Kritik an unserem eigenen Denken üben.

Auch wenn es unendlich anstrengend ist, sich immer wieder aufs Neue zu hinterfragen und aus der unendlichen Menge an Informationen, die uns zur Verfügung stehen, die richtigen und wichtigen herauszufiltern, so ist es dennoch notwendig offen zu bleiben, um nicht in einen Absolutismus abzurutschen.

Wir dürfen dabei auch nicht vergessen, dass unser Gehirn sich programmieren lässt. Ihr kennt vielleicht den Spruch „Je öfter eine Dummheit wiederholt wird, desto mehr bekommt sie den Anschein der Klugheit.“

Je öfter wir eine Information aufnehmen, desto mehr legen unsere Synapsen das in unserem Kopf als Fakt ab. Wer es nicht glaubt, beobachtet einmal die Entwicklung der Impfpflicht. Noch vor einem Monat ein unerhörter Vorschlag ist es heute eine total vernünftige, wenn nicht sogar die einzig richtige Lösung.

Wenn jemand sagt: „Das weiß man doch“ ist es ein guter Hinweis, dass hier eine Programmierung vorliegt.

Für alle Gegner, Eure Gehirne sind genauso programmierbar. In Eurem Fall halt mit der Gegenmeinung.

Der Mensch mag einfache Parolen

Es ist wichtig, sich diese Mechanismen bewusst zu machen. Nicht alle, die uns widersprechen, sind unsere Feinde und nicht jedes Argument, dass nicht in unser Weltbild passt, ist eine Lüge.

Wenn wir verstehen, wie wir mit absoluten Aussagen, die keinen Zweifel dulden, manipuliert werden, können wir darauf achten und diese als solche erkennen.

Ich persönlich werde bei einer Menschenmenge, die Parolen brüllt, immer misstrauisch.

Übrigens, eine selbstkritische Herangehensweise macht wissenschaftliches Arbeiten aus. Der Zweifel ist die Grundlage der Wissenschaft, und alle seriösen Argumentationen sortieren immer sehr genau, was nachgewiesen werden kann und wo es Schwächen in der Argumentation oder sogar entgegengesetzte Ergebnisse gibt.

Das große Problem dabei ist, eine solche wissenschaftliche Argumentation ist nicht einfach und schnell zu verstehen. Weder in den Überschriften der Zeitungen noch bei Ansprachen auf der Straße.

Insofern verliert in der öffentlichen Debatte die differenzierte Argumentation immer gegen eine selbst-Kritik-lose Ideologie.

Dieses Kapitel ist leider etwas deprimierend. Denn es gibt hier nur den einfachen und den besseren Weg. Und für alle, die sich entscheiden, immer alle Argumente hören zu wollen und offen zu bleiben für Kritik an der eigenen Überzeugung, steht nach einem langen, anstrengenden Weg zur eigenen Erkenntnis am Ende garantiert wieder einem oder einer Besserwisser*in gegenüber, die/der genau weiß, dass es alles ganz anders ist und viel einfacher geht.

Sehen wir’s positiv. Wir können uns nur weiterentwickeln, wenn wir uns weiterentwickeln. Anschließend an das vorangegangene Kapitel können wir unsere Mitmenschen durch unser eigenes Verhalten jeden Tag dazu einladen, von einem absoluten, geschlossenen Standpunkt zu einer konstruktiven, selbstkritischen Diskussion zu wechseln.

Sei selbst die Veränderung, die Du Dir wünscht in der Welt.

 

3 Comments

  1. Chaukeedaar 6. Dezember 2021 at 22:30 - Reply

    Ja, wir als Friedensbewegung sind jetzt tatsächlich gefragt, Brücken zwischen den Lagern zu bauen. Das geht halt leider nur im Einzelfall, von Mensch zu Mensch, den die Macht der Propaganda auf beiden Seiten ist stark und bei Vielen der Dialogversuch eher Zeitverschwendung.

  2. ChefKoch 8. März 2022 at 3:14 - Reply

    @Chaku
    Ist das nicht genau einer der Grundsteine der Friedensbewegung? Aus Mauern Brücken bauen und aus „Feinden“ zumindest wieder „Menschen“ machen?

    @Malte
    ja, die selbstgewählte Aufgabe ist weder einfach noch Prestige-Trächtig…
    Aber sie lohnt sich. -> Wie? ->> Es ist eine der schönsten Zeiten meines Lebens gewesen, die ich mit den Menschen verbrachte, die ich als selbstverstandene FriedensBewegte kennen lernte. Was ich da erlebt und „bekommen“ habe, ist mit Geld kaum (naja, Einzelteile davon schon, aber alles in allem neimals) und mit Macht garnicht zu erlangen. Also ich habe etwas bekommen, das mich zufrieden, zuweilen Glücklich macht und mit klassischen Konsum-Tauschmitteln nicht erlangbar. Das würde ich als Lohn bezeichnen. ;-P

    (und ja, das ist kein fabulieren und schönreden, denn wenn man mich nach den glücklichsten Momenten meines Lebens fragt, laufen mir so viele Gedanken durch den Kopf, in denen immer wieder Erlebnisse aus dem FriedensAktivissmus zentral sind. Nicht NUR, klar, aber wie ein roter Faden…)

  3. Andre Braun 27. Februar 2023 at 19:07 - Reply

    Hallo,
    ich bin wohl eher ein zufälliger Besucher.
    Ich gebe dir in vielem, was du schreibst Recht.
    Unsere Gesellschaft und Gesprächskultur ist leider oftmals geprägt von zementierter Rechthaberei und Stigmata.
    Ich glaube, der wichtigste Ansatz, um dies zu vermeiden, den du erwähnt hast ist die Offenheit zu bewahren. Und zwar auch dann, “ wenn ich mir absolut sicher bin, den Schlüssel genau da hingelegt zu haben“.
    Ich bin fünfzig Jahre, und schaffe es erst jetzt Stück für Stück durch meine Erfahrungen, Begriffe wie ’nie‘ und ‚immer‘ aus meinem Denken weitestgehend rauszuhalten.
    Und doch gelingt es mir eben nicht immer.
    Deshalb bin auch so frei, dich auf einen Satz hinzuweisen, mit dem ich nicht einhergehen:
    „Der Vorwurf ist hier natürlich vor allem den Leitmedien zu machen, da sie mit ihrer Macht die Debatte und die Stimmung im Land vorgeben.“
    – das ist mir zu pauschal.
    Ich bin dir aber für deine Gedanken dankbar.
    LG Andre

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