Maltes Welt

Herzlich willkommen zu meinem Blog „Maltes Welt“. Hier werde ich in den kommenden Wochen meine persönliche Sichtweise, in verschiedenen Beiträgen, zum Thema Frieden und (Friedens-) Bewegung veröffentlichen, und dabei auch kritische Punkte nicht auslassen. Ihr seid herzlich dazu eingeladen mitzudiskutieren und eure Gedanken einzubringen.

Danke für euer Interesse und auf eine gute Zeit!

Kapitel 12 – Friedens-Akademiker

 

Ich habe in dem letzten Kapitel den Begriff „Friedens-Akademiker“ benutzt. Das ist eine eigene Wortschöpfung, die ich gerne erklären möchte.

Im Frühjahr 2014 waren wir, wie schon gesagt, jeden Montag ca. 3.000 Menschen bei der Mahnwache für den ersten Weltfrieden in Berlin. Es war noch relativ am Anfang der Bewegung, aber eben schon mit einer etablierten Menschenmenge.
Die Mahnwache fand zu dieser Zeit auf der Westseite, vor dem Brandenburger Tor, statt. Die Bühne stand vor dem Tor und die Zuschauer sammelten sich auf dem Platz in Richtung Siegessäule.
Ich kam nun an einem Montag von der Ostseite auf die Demonstration zu und traf dabei auf eine Gruppe von vielleicht 5 Menschen der „alten“ Friedensbewegung. Sie trugen ein Banner gegen den Krieg in der Ukraine. Ich fragte sie, warum sie nicht mit, 20 Meter, auf die andere Seite des Tores kommen. Die Antwort war „Wir stehen hier schon viel länger und wir sind die echte Mahnwache“.

Ich bin achselzuckend weitergegangen, weil ich es nicht verstanden habe. Wenn das Ziel „Frieden in der Ukraine“ ist, warum schließt man sich dann nicht der deutlich größeren Demonstration an?

Heute verstehe ich es etwas besser.

Wir sind damals naiv gestartet. „Es geht doch um die Sache.“ Da wurden die verrücktesten Reden auf der Bühne gehalten und jede/r die/der dich freundlich angelächelt hat, wurde in den Arm genommen.

Heute sind wir die Akademiker. Wir haben uns über Jahre täglich mit dem Thema beschäftigt und einen Großteil unserer Freizeit investiert. Heute rege ich mich auf, wie man denn zu einer Demo gegen den Krieg in der Ukraine gehen kann, wenn man nicht einmal weiß, wer Hunter Biden ist.

Wir beurteilen immer von unserem eigenen Standpunkt heraus und wir dürfen uns ab und zu bewusst machen, dass jeder Mensch andere Erfahrungen und andere Wissensstände hat.

Ein anderes Beispiel, bei dem ich auf der „anderen Seite“ stand. Es ist noch nicht so lange her, als ich mit einer sehr guten Freundin, die ich leider viel zu selten sehe, auf das Thema Corona kam.
Wir sind damals beide über die Mahnwachen zum Aktivismus gekommen und haben ähnliche Grundsätze zum Thema Systemkritik. Nun ist es aber so, dass ich mich relativ früh dazu entschieden habe, mich mit dem Thema Corona nicht in der Tiefe auseinanderzusetzen. Meine gute Freundin hingegen ist vermutlich einer der am besten informierten Menschen zu diesem Thema, da sie seit 2 Jahren Informationen sucht, analysiert und bewertet.
Wir waren bei aller Freundschaft nicht in der Lage ein Gespräch zu dem Thema zu führen. Meine Informations-Schnipsel öffneten bei ihr ganze Bibliotheken im Kopf, welche ich wiederrum überhaupt nicht erfassen konnte.

Ich denke das ist ein grundsätzliches Problem.
Die alte Friedensbewegung tat sich 2014 sehr schwer damit, die neue Mahnwachen-Bewegung zu unterstützen. Zum Teil sicherlich aus persönlicher Eitelkeit, da man ja schon viel länger da war. Zum Teil, weil man schon die Erfahrungen gemacht hat, mit schlechten Protagonisten in Verruf zu geraten. Und dann ist man einfach nicht auf dem selben Wissensstand. Wie auch?

Es hätte der jungen Bewegung sicher gut getan, wenn die alten Hasen und Hasinnen sie unterstützt und beraten hätten. Einige haben das getan und viele waren zumindest offen für Gespräche. Aber viele beschränkten sich auf die Kritik und richteten damit sogar Schaden an.

Ich weiß heute, dass es schwierig ist und auch ich bin vorsichtig geworden bei Organisationen und Menschen, die ich nicht kenne. Dazu ist einfach schon zu viel passiert. Aber ich bemühe mich nicht über andere zu urteilen, solange ich mir nicht selbst ein Bild gemacht habe.

Dieses Zusammenbringen verschiedener Menschen und verschiedener Ansichten ist ein Grund, warum wir das Pax Terra Musica-Friedensfestival gegründet haben. Es ist so aufgebaut, dass wir als Veranstalter keine Meinung vorgeben (abgesehen von Frieden und Menschlichkeit). Beim Friedensfestival können sich die verschiedenen Menschen und die verschiedenen Gruppen treffen und kennenlernen. Mit den einen arbeitet man dann vielleicht zusammen und mit den anderen lieber nicht. Die einen findet man vielleicht doof, wenn man sich ihre Position angehört hat und die anderen stellen fest, dass man ja ganz viel gemeinsam hat.
Hauptsache alle gehen respektvoll miteinander um und im nächsten Jahr trifft man sich wieder und hat wieder eine Möglichkeit miteinander zu sprechen.
Wir laden alle Organisationen, und Menschen, die an einer friedlichen, besseren Welt arbeiten zum Pax Terra Musica ein. Hier können sich die Friedens-Akademiker und die neuen Aktivisten begegnen und voneinander lernen.

2 Comments

  1. Marc 4. Juni 2022 at 23:45

    Ein freudiges Hallo aus dem Süden :-)
    Den Begriff halte ich für eine passende Wortschöpfung, er beschreibt das Phänomen ganz gut. Speziell bei der C-Krise fiel mir das Thema auch stark auf. Als die Sache in Stuttgart allmählich größer wurde und Systemkritiker aus allerlei Lagern dazukamen, konnten (und können) viele der „alten Hasen“ sich nicht mit dem Grundkonsens begnügen oder sich zumindest auf Gespräche einlassen.
    Viele der „Patrioten“ beispielsweise, mit denen ich mich auf der Wiesn unterhalten hatte, waren tatsächlich gar nicht diese Neu-Rechte Bande, für die auch ich sie lange Zeit hielt. Solche finden sich dort natürlich genauso, wie es menschenverachtende Aktivisten in anderen Gruppen gibt. Und obwohl ich in vielen Bereichen nach wie vor andere Überzeugungen habe – solange der Grundkonsens (nämlich Frieden im kleinen und großen) passt, sehe ich uns „auf der gleichen Seite“. Das die Außenwirkung von Dissidenten sowieso negativ geframed werden kann und wird, hat sich oft genug aufgezeigt. Und selbst die (wie ich sie gerne nenne) „besonders verwirrten Seelen“ bleiben selbst jene unsere Brüder und Schwestern. Natürlich muss man ab einen gewissen Grad dann auch den Selbstschutz in Betracht ziehen, dennoch bin ich versucht, das im Hinterkopf zu behalten.

    Wenn jemandens Bubble der heilen Welt erst kürzlich geplatzt ist, braucht es natürlich noch seine Zeit, bis die meisten Irrwege gegangen wurden und beginnen kann, sich der wahren Freiheit und Würde zu nähern. Wenn wir einmal ehrlich sind, kennen wir das doch vermutlich alle auch selbst. Wer sind wir also, darüber zu urteilen, nur weil wir einige Jahre früher Erfahrungen sammeln durften, die uns auf diesen Weg gebracht haben?
    Daher teile ich deine Einschätzung, eher zur helfenden Hand zu tendieren, wann immer das gewünscht und sinnvoll ist. Auch wenn man diesen Weg natürlich im Wesentlichen für sich gehen muss und auch die Irrwege ihren Beitrag zur persönlichen Entwicklung beitragen, so können wir doch Türen zeigen, durch die Menschen gehen können, wann immer sie bereit dazu sind.

    So oder so, ich freue mich schon sehr auf das PTM und etwas Balsam für die Seele, der damit hoffentlich einhergeht.
    Wenn auch etwas knapp bei Kasse zurzeit, aber mit diesem Ticketexperiment und Helferschichten sollte das kein Problem sein :-)
    In diesem Sinne, bis dann!

    • Malte 5. Juni 2022 at 12:55

      Danke!

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  • Jeder einzelne Mensch, überall auf der Welt, hat ein Recht auf Würde, Frieden und Selbstentfaltung.
  • Kein Mensch hat das Recht sich über andere zu erheben oder sie zu unterdrücken.
  • Für die Durchsetzung dieser Grundsätze haben wir in Deutschland Gesetze ausgehend vom Grundgesetz. Die Einhaltung und Durchsetzung dieser Gesetze obliegen der Exekutiven (Polizei) und der Judikativen (Gerichte).
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